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CHECKLISTE zum Gebraucht-Motorradkauf
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1) |
Rechtschutz Aus eigener Erfahrung kann ich nur jedem wärmstens empfehlen, eine private
Rechtschutzversicherung (ohne Selbstbehalt) abzuschließen. Eine derartige Versicherung kostet im Jahr ca. 300DM (Privat- und Verkehrsrechtschutz) und rentiert sich schon, wenn man alle drei Jahre einen Rechtschutzfall
hat. Für mich war es die bisher die sinnvollste Investition und absolut sein Geld wert. Man glaubt nicht, wie oft man einen solchen “Service” brauchen kann. Ist eben wie mit einer Spülmaschine. Du brauchst solange
keine, bis du mal eine hattest... |
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2) |
Marktniveau Damit man beim Gebrauchtkauf durch anfängliche Euforie keinem preislich überzogenen
Angebot auf dem Leim geht, sollte man sich zuerst einmal über die aktuellen Gebrauchtmarktpreise informieren. Hierzu gibt es diverse Möglichkeiten, von denen ich hier nur einige kurz auflisten möchte:
- Lokalzeitschriften im Zeitschriftenladen (Sperrmüll, Flohmarkt, Groschenheft) - Motorradzeitschriften - Schwacke Liste (gute Richtwerte) - Fahrzeug-Gebrauchtbörsen im Internet |
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3) |
Vier Augen sehen mehr als Zwei Hat man nun nach hoffentlich ausführlichen Recherchen ein
interessantes Angebot gefunden und einen Besichtigungstermin ausgemacht, sollte man immer einen Freund mitnehmen. Dieser ist in der Regel nicht so euforisch wie man selbst und sieht das Motorrad mit einem etwas
neutralerem Auge. Zudem ist es immer sinnvoll, einen Zeugen dabeizuhaben. Wir wollen zwar Streitigkeiten im Vorfeld vermeinden, geht man jedoch mal jemanden auf dem Leim, kann ein Zeuge später imens von Vorteil sein.
Versuche den Verkäufer mit Fangfragen auszuhorchen. Erzähle beispielsweise beiläufig, wie gerne Du im Gelände herumjagst und es auch mal auf der Autobahn so richtig krachen läßt. Vielleicht hast Du ja Glück und er
plaudert einfach drauf los oder stimmt Dir zu. Arbeite einfach mit allen Tricks! Schaue auch darauf, wieviele Vorbesitzer die Kiste schon hatte. Viele Vorbesitzer sind immer kritisch. Hier drängt sich mir immer die
Vermutung auf, daß ewas mit dem Bike nicht stimmen muß und jeder Besitzer die Kiste schnell wieder loswerden wollte (schau im Brief nach, wie lange jeder das Motorrad besessen hat). Das muß aber nicht der Fall sein.
Fakt ist jedoch, daß sich Motorräder mit vielen Vorbesitzern immer schlechter verkaufen lassen, als welche mit wenigen. Generell sollte man auch seinem Instinkt Beachtung schenken. Hast Du bei der ganzen Sache ein
schlechtes Gefühl oder setzte Dich der Verkäufer auffallend unter Zeitdruck, dann laß besser die Finger von dem Teil. Ein vermeintliches Schnäppchen kann sich schnell als Faß ohne Boden herausstellen. |
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4) |
Allgemeinzustand Der Allgemeinzustand eines Motorrads läßt einen ersten, groben Rückschluß auf
den Zustand der Maschine zu. Lockere Speichen, korrodierte Batterieanschlüsse, schwergängige Bowdenzüge oder ein offensichtlich schon lange nicht mehr geputztes Motorrad, erwecken nicht gerade Vertrauen und sollten
vorsichtig stimmen. Teste auch die Funktion aller Schlösser und die Elektrik. Wer als Verkäufer
schon nicht auf solche Dinge achtet, zumal er doch einen möglichst guten Eindruck mit seinem Bike machen will, dem ist pflegetechnisch nicht viel zuzutrauen. Sind an der Maschine irgendwelche Anbauteile sichtlich neu
(Blinker, Sturzbügel, Spiegel, Seitenverkleidung)? Dies könnte von einem Sturz herrühren. Sturzspuren finden sich zudem gewöhnlich an den Fußrasten, Lenkerenden sowie am Auspuff. Laß Dich auch nicht von Sprüchen wie
“Frauenfahrzeug” (die heizen genau so), “Scheckheftgepflegt” (die Werkstätten pflegen manchmal auch nur das Scheckheft) oder “Schönwettermaschine” einlullen. Holzauge sein wachsam... |
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5) |
Rost und Risse In der Regel sagt Rost nicht unbedingt etwas über den technischen Zustand der
Maschine aus. Er ist meist an den Schweißnähten des auspuff und des Rahmens zu finden. Auf Haarisse im Bereich des Lenkkopfes sowie des Rahmenhecks achten |
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6) |
Dichtungen Zylinderkopf- und -fuß auf Ölverlust überprüfen. Hierzu den Motor an den
Dichtstellen mit einem saugfähigen Tuch gründlich abwischen und mit dem Erscheinungsbild nach der Probefahrt (siehe 14) vergleichen. Bei älteren, luftgekühlten Enduros ist ein gewisses Ausschwitzen “normal”. Bei
wassergekühlten Motorrädern darf auf keinen Fall etwas am Motor austreten. Ein neuralgischer Punkt ist die Dichtung an der Antriebswelle (sprich hinter dem Ritzel). Ölaustritt an dieser Stelle kann auf ein defektes
Lager hindeuten. Bei Kardanantrieb kann der Simmerring undicht sein. Auch die Simmeringe der Gabelholme sowie das/die Federbein/e können Öl verlieren. Gabelsimmerringe mit einem Messer o. ä. leicht anheben und
kontrollieren, ob Öl zu sehen ist. Oftmals sieht es unter den Simmerringen ziemlich verrostet aus, was aber keinen Einfluß auf deren Funktion hat. Ölablaßschraube auf Ölverlust kontrollieren. Ist diese zu fest
angezogen (Dichtung quillt nach Außen), sodaß das Gewinde aus der Wanne kommt, hilft meist nur ein neuer Gewindeeinsatz. Teuer kann eine neue Zylinderfuß- sowie Kopfdichtung werden. Die notwendige Arbeitszeit beim
Auswechseln ist sehr hoch. Sind die Motorseitendeckel undicht, kommt das in der Regle nicht teuer (50DM). Die Auspuffanlage sollte natürlich auch noch auf Dichtigkeit geprüft werden - Krümmer, Sammelrohr,
Endtopf). Weist der Endtopf ringförmige Beulen auf, so ist er hinüber. |
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7) |
Kühler / Schläuche Überprüfe auch den Kühler und die Anschlussschläuche auf Risse. |
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8) |
Kraftstoffleitung Ist der Benzinhahn leichtgängig? Sind die Benzinleitungen poröse?
Tropft der Vergaser? Ist der Tank okay (Rost, Beulen)? |
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9) |
FahrwerkStimmt die im Rahmen eingestanzte Nummer mit der in den Fahrzeugpapieren
vermerkten Zahlenkolonne überein?
Lenkkopflager / Gabel Zu dessen Kontrolle muß das Vorderrad frei sein (Motorrad auf Seitenständer kippen oder auf Hauptständer bocken). Gabelholme unten anpacken und
nach vorne und hinten bewegen. Ruckelt etwas, dann ist entweder das Lenkkopflager zu locker angezogen oder defekt. Das Lockern des Lagers kann auch ein einfacher Trick sein, um ein in der Mittelstellung defektes Lager
zu vertuschen. Merkst Du also ein Spiel beim Testen, dann laß den Verkäufer das Lager korrekt anziehen. Nun dreht man die Gabel vorsichtig bis zu beiden Anschlägen und prüft, ob Einraststellungen zu fühlen sind (stark
deformierte Lenkanschläge deuten auf schwere Stürze oder Unfälle hin). Spürt man bei den beiden Tests Spiel, so ist das Lenkkopflager defekt oder locker. Im Idealfall hat die Lenkung kein Spiel und fällt von alleine auf
die Lenkanschläge, wenn man sie aus der Mitte bringt. Es kann aber auch sein, daß einfach zuviele Kabel den Lenker daran hindern, bis ganz auf die Anschläge zurückzufallen. Das kannst Du aber einfach durch Hinschauen
überprüfen. Kabelwust kennt ja sicherlich jeder. Nun das Motorrad vom Hauptständer nehmen, die Vorderbremse ziehen und mit Schwung mehrmals in die Gabel eintauchen. Ist ein Knackgeräusch hörbar, so hat das
Lenkkopflager im Lenkkopf selbst Spiel oder die Gabel ist verschlissen. Ein defekter Lenkkopf bedeutet meist Rahmentausch. Die Standrohre auf Steinschlag prüfen. Bei Steinschlag sind meist auch die Simmerringe in
Mitleidenschaft gezogen. Bei Verdacht auf Gabelbeschädigungen, diese auf Verzug prüfen. Hierzu legt man ein ebenes Profil (z. B. Alu-U-Profil) über die Standrohre. liegt das Profil an allen Stellen auf, so ist die
Gabel okay. Klappert das Profil nur leicht, so kann die Gabel nur verspannt eingebaut sein. Klappert es stark, so ist die Gabel verzogen.
Schwinge
Schwinge bei frei hängendem Hinterrad nach rechts und links drücken. Gibt es hier Spiel, sind die Schwingenlager defekt. Schwinge nach oben drücken: Gibt es hier Spiel, gibt es
mehrere Fehlerquellen, z. B. die Lager der Umlenk-Hebelei oder die Aufnahmepunkte des Federbeins.
Rädere Die Räder sollten in beiden Richtungen frei und ohne Schleifgeräusche laufen. Teste die
Radlager, indem Du das Motorrad aufbockst, die Reifen nacheinander mit beiden Händen festhälst und versucht, ihn ohne große Gewalt zu kippen (es sollte kein Spiel merkbar sein). Nicht versuchen, das Rad abzureißen,
sondern gefühlvoll testen, sonst spürst Du eventuell nix. Die Felgen kann man auch überprüfen, indem man bei aufgebocktem Gerät zwischen Gabel bzw. Schwinge und Felge einen Kugelschreiber oder ähnliches anhält und das
Rad dreht. So entdeckt man Felgenschläge. Yamaha gibt z. B. bei der XT600 1 mm an. Dies ist viel! Die Speichen mit einem Schraubenzieher abklopfen. Ein heller Klang ohne Scheppern ist hier gefragt. Räder bei
aufgebocktem Motorrad auch nach rechts und links verwinden. So kann man Spiel der Radlager erkennen. Noch ein Punkt: Sind die Reifen noch in Ordnung? Bei Reifen ist eine gesetzliche Mindestprofiltiefe von 1.6 mm
vorgeschrieben. Sind die Reifen alt und brüchig? Dürfen die Reifen auf dieses Motorrad überhaupt aufgezogen werden (im Fahrzeugschein/-brief überprüfen). |
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10) |
Motor Springt er sofort an? Kontrolliere, ob er vorher eventuell schon gelaufen ist. Im warmen
Zustand springt selbst die älteste Gurke einigermaßen an. Auf die Geräusche des Motors im kalten und im warmen Zustand achten! Sind irgendwelche Klapper- oder Rasselgeräusche zu hören? Ein hohes, leises Tickern
könnte auf ein zu großes Ventilspiel hindeuten (eventuell auch Steuerkette oder Kettenspanner). Solche Geräusche müssen verschwinden, sobald die Leerlaufdrehzahl leicht angehoben wird, sonst lieber Finger von der Kiste
lassen. Stimmt die im Motorblock eingestanzte Nummer mit der in den Papieren überein? |
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11) |
Bremsen Trommelbremsen haben bei gezogener Bremse eine Verschleißanzeige. Diese sollte deutlich
vor der Verschleißgrenze sein. Eine verschlissene Trommel kommt sehr teuer, da die komplette Narbe (bei Speichrädern) bzw. Felge, erneuert werden muß. Zum Bremsentest, einfach bei der Probefahrt die Bremsen einzeln
bis zum Stillstand behutsam ziehen. Bei 20-30km/h merkt man am ehesten verzogene Scheiben bzw. Trommeln durch Ruckeln an den Rädern bzw. der ganzen Maschine. Bei Scheibenbremsen sollten auch keine Kanten an den
Scheibenrändern zu spüren sein, da sonst die Scheibe stark verschliessen ist und erneuert werden muß. Beides kommt sehr teuer (400-800DM). Die
Bremsen sollten zudem noch ausreichend dicke Beläge haben (mindestens 4 mm). Die Bremsscheiben dürfen keine Risse haben, dürfen nicht verwunden sein oder gar tiefe Rillen haben (es darf kein Öl auf den Bremsscheiben
sein!). |
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12) |
Kette / Kardan Kann die Kette per Hand mehr als die dreiviertel Höhe über die Zähne des
Kettenblatts gezogen werden, so ist sie entweder schlecht gespannt (siehe, ob noch Markierungen zum Kettenspannen übrig sind) oder verschlissen. Achte auch auf die From der Zähne von Ritzel und Kettenblatt. Ähneln diese
mehr einem krummen Haifischzahn als einem Kettenzahn, so muß unbedingt ein neuer Kettensatz montiert werden. Der Kardanantrieb geht eigentlich, bei humaner Fahrweise, fast nie kaputt. Falls doch, kann man dies durch
mahlende Geräusche beim Fahren bemerken. Ein neuer Kardan kostet minimum 1000DM plus Arbeitszeit. |
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13) |
Elektrik Funktionieren alle elektrische Bauteile am Motorrad (Blinker etc.)?
Sind etwaige Umbauten in den Fahrzeugpapieren eingetragen? Den typischen TÜV-Test nicht vergessen. Motorrad anlassen und dann den Seitenständer ausklappen. Geht die Kiste beim Versuch loszufahren aus, ist alles
paletti. |
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14) |
Probefahrt Last but not least, steht am Ende jeder guten Motorraduntersuchung, die
obligatorische Probefahrt. Aus eigener Erfahrung kann ich jeden nur dringend davon abraten, ein Motorrad ohne vorherige Probefahrt zu kaufen. Selbst wenn das Objekt der Begierde noch so toll in irgendwelchen Tests
abgeschnitten hat und jetzt vor Euch steht. Bei der Probefahrt sollten folgende Punkte nochmals in der Praxis überprüft werde: > Wie klingt der Motor vor und nach der Probefahrt (Scheppern, Rasseln,...)?
Bei Motorrädern mit Kardan ist übrigens ein leichtes Heulen ganz normal. > Wird die Kupplung bem stop-and-go Betrieb in der Stadt weich (unsauberes
einkuppeln oder gar Rupfen)? > Rutscht die Kupplung bei Vollgas-Autobahnfahrten durch? > Funktionieren die Bremsen ordentlich? > Zieht das Motorrad beim Geradeauslauf auf eine Seite?
Kann an ungleichmäßiger Beladung des Bikes oder am Lenkkopflager (schlimmstenfalls auch an einem verzogenen Rahmen) liegen.
> Liegt mir die Kiste eigentlich prinzipiell oder paßt das Motorrad nicht zu mir?
Die Probefahrt sollte letztendlich entscheiden, ob Du das Motorrad kaufst ober nicht. Alle objektiven Kriterien werden jetzt
subjektiv erlebt. Und darum geht es doch beim Motorradfahren - es soll ein schönes Erlebnis sein!!!
Mein Tip: Alle Dichtungsebenen (z. B. Zylinderkopfdichtung) vor der Fahrt mit einem saugfähigen Tuch sauber
abwischen. Diese Stellen nach der Fahrt auf Ölverluste prüfen. |
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Anmerkung: Diese Tabelle habe ich mit Hilfe von Artikeln aus dem Internet erstellt (Baboons-Checkliste, A. Mecke-Homepage) und durch eigene Erfahrungen
ergänzt. Falls jemand einen sachlichen Fehler entdeckt oder weitere Ergänzungen hierzu hat, so möge er mir dies bitte per Mail mitteilen. Nobody is perfect!!! |
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